Kirchenaustritt Schweiz: Was sind die Konsequenzen?
Das Image der (katholischen) Kirche ist definitiv geschädigt. Nach den Skandalen der Kirche denken viele Menschen in der Schweiz nun über einen Kirchenaustritt nach, da sie die Einrichtung weder finanziell noch spirituell weiter unterstützen möchten. Der offensichtlichste Vorteil des Austritts ist dabei die Einsparung der Kirchensteuer. Bevor du aber den Schritt des Austritts wagst, solltest du dich über mögliche Konsequenzen informieren. Hier gibt es einige Überraschungen.
Inhaltsverzeichnis
Kirchenaustritt Schweiz: Was sind die Konsequenzen?
Steuerliche Konsequenzen beim Kirchenaustritt in der Schweiz
Persönliche Konsequenzen beim Kirchenaustritt in der Schweiz
Trauzeuge oder Trauzeugin werden
Kirchenaustritt innerhalb der Familie
Vorgehensweise beim Kirchenaustritt in der Schweiz
Unterschiede für Schweizer und Ausländer beim Kirchenaustritt
Steuerliche Konsequenzen beim Kirchenaustritt in der Schweiz
Wer in der Kirche ist, zahlt in der Schweiz einen Prozentsatz an Kirchensteuer. Je nach Kanton kann der Satz variieren, da Steuerhoheit in der Schweiz auf kantonaler Ebene liegt. Im Kanton Basel-Stadt beträgt die Kirchensteuer zum Beispiel 8% der einfachen kantonalen Einkommenssteuer. Die steuerliche Konsequenz beim Kirchenaustritt ist simpel: Wer aus der Kirche austritt, muss diesen Steuersatz nicht mehr zahlen.
Wie viel Geld du dir durch einen Kirchenaustritt sparen könntest, zeigt dieses Beispiel einer alleinstehenden Person ohne Kinder im Kanton Zürich:
Mitglied der Kirche | Kein Mitglied der Kirche |
---|---|
Jahresgehalt CHF 100.000,- 488,- pro Jahr an Kirchensteuer, Gesamtsteuern 12.976,- |
0,- Kirchensteuer Gesamtsteuern 12.488,- |
Jahresgehalt CHF 200.000,- 1.395,- pro Jahr an Kirchensteuer, Gesamtsteuern: 41.864,- |
0,- Kirchensteuer Gesamtsteuern 40.469,- |
Persönliche Konsequenzen beim Kirchenaustritt in der Schweiz
Der Kirchenaustritt bringt, neben den eigenen religiösen Überzeugungen, auch persönliche Auswirkungen mit sich. Diese wollen wir im Folgenden genauer beleuchten.
Kirchliche Hochzeit
Für viele Menschen ist eine Hochzeit in Weiss in der Kirche ein Kindheitstraum, den man sich nicht nehmen lassen möchte. Entgegen der allgemeinen Meinung ist eine kirchliche Hochzeit nach dem Kirchenaustritt fallweise noch möglich. Die meisten Kirchengemeinden verlangen, dass mindestens einer der beiden Ehepartner*innen Mitglied der Kirche ist. Einige Kirchengemeinden erlauben Hochzeiten von konfessionslosen Paaren, solange die innere Haltung dem Glauben der Kirche entspricht. In diesem Sinne ist es am besten das Gespräch mit dem Pfarrer*in zu suchen.
Beerdigung und Trauerfeier
Die Bestattung auf dem Friedhof ist unabhängig vom Kirchenaustritt für alle, in der Schweiz wohnhaften Personen, ein Anrecht. Eine kirchliche Trauerfeier ist für Ausgetretene logischerweise nicht vorgesehen. Ob diese doch durchgeführt werden kann, hängt vom jeweiligen Pfarrer ab. Oft wird in diesem Fall ein Beitrag verlangt. Die (katholische) Kirche selbst ist der Meinung, dass der Wunsch des Verstorbenen respektiert werden sollte und die Angehörigen diesen auch nach dem Tod respektieren müssen.
Gotti und Götti werden
Nach dem Kirchenaustritt ist das Amt des Gottis / Göttis weiterhin möglich, so lange einer der beiden Taufpat*innen Mitglied der Kirche ist. Der Grossteil der Pfarrer*innen ist mit dieser Regel einverstanden. Sollte keiner der beiden Taufpat*innen Kirchenmitglieder*in sein, ist es allerdings nicht möglich, Gotti oder Götti zu werden.
Trauzeuge oder Trauzeugin werden
Nach dem Kirchenaustritt Trauzeug*in zu werden, ist nicht immer möglich. Bei einer römisch-katholischen Trauung ist dies recht kompliziert und wird nur in Ausnahmefällen geduldet. Bei einer evangelisch-reformierten Trauung hingegen ist dies kein Problem. Die Unterschrift der Trauzeug*in wird hier nur auf dem Zivilstandsamt benötigt und nicht in der Kirche.
Kirchenaustritt innerhalb der Familie
Du kannst als einziges Familienmitglied aus der Kirche austreten. Dein Ehepartner*in oder deine Kinder bleiben nach deinem Austritt weiterhin Mitglieder der Kirche. Die Kinder können alle Angebote der Kirche wie zum Beispiel die Firmung weiter in Anspruch nehmen. Du musst allerdings in diesem Fall anteilsmässig Kirchensteuer für sie einzahlen. Es ist auch möglich als vollständige Familie auszutreten. Einzige Bedingung: Beide Elternteile müssen das Austrittsdokument ihrer Kinder in diesem Fall unterschreiben.
Good to know: Kinder können selbstständig ab dem 16. Lebensjahr aus der Kirche austreten.
Vorgehensweise beim Kirchenaustritt in der Schweiz
Kommen wir nun zum praktischen Teil des Kirchenaustritts: Wie funktioniert dieser? Der Austritt erfolgt schriftlich und muss bei der Kirchgemeinde vorgelegt werden. Du findest dazu zahlreiche kostenlose Vorlagen im Internet, wie zum Beispiel diese hier. In der Mitteilung musst du keine Begründung für deinen Austritt angeben. Ein Gespräch mit dem Pfarrer*in ist ebenfalls nicht nötig.
Wichtig: Einige Kantone verlangen zusätzlich eine amtlich beglaubigte Austrittserklärung. Diese solltest du am besten per Einschreiben versenden. Das Datum der Quittung des Einschreibens gilt als der Zeitpunkt des Kirchenaustritts. Ab sofort bist du von der Kirchensteuer befreit.
Kosten für den Austritt: Der Kirchenaustritt ist kostenlos. Lediglich für die amtlich beglaubigte Austrittserklärung können Kosten entstehen. Hierfür kannst du in etwa 30 Schweizer Franken einplanen.
Unterschiede für Schweizer und Ausländer beim Kirchenaustritt
Kirchensteuerpflicht besteht für alle Christen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Die Nationalität spielt dabei keine Rolle. Der Prozess des Austritts ist ebenfalls für alle gleich. Nach dem Austritt bist du dann folgerichtig in der Schweiz kein Mitglied der Kirche. Die Frage, ob der Austritt aber ebenso für das Heimatland zählt, ist jedoch differenziert zu betrachten. Die Kirche im Heimatland wird nicht automatisch über den Austritt informiert, daher ist dieser erst einmal nur in der Schweiz gültig.
Tipp: Informiere die Kirche im Heimatland selbst über deinen Austritt. Du erhältst nach deinem Austritt in der Schweiz eine schriftliche Bestätigung von der Kirchengemeinde. Diese kannst du im Heimatland vorlegen. In Deutschland zum Beispiel wird der Schweizer Kirchenaustritt meistens akzeptiert.
Achtung: In einigen Fällen ist für Ausländer*innen die Meldepflicht des Konfessionswechsels an den Arbeitgeber notwendig. Das gilt insbesondere für die, die keinen Ausweis C (keine Niederlassungsbewilligung) haben. Informiere dich immer zusätzlich über die Regelung in deinem Kanton. Häufig gibt es hier grosse Unterschiede.
Wiedereintritt in die Kirche
Falls du deinen Kirchenaustritt bereust, besteht die Möglichkeit, wieder einzutreten. Oft ist das per Brief oder E-Mail an die jeweilige Kirchengemeinde möglich. Ab dem Zeitpunkt des Eintritts bist du automatisch wieder kirchensteuerpflichtig. Die Kirche freut sich natürlich wenig über Personen, die ständig ein- und austreten und kann daher den Eintritt verwehren, wenn triftige Gründe dafür vorliegen.
Fazit zum Kirchenaustritt in der Schweiz
Die Regeln zum Kirchenaustritt in der Schweiz hängen, wie bei vielen Anliegen, stark vom Kanton ab. Du solltest dich daher unbedingt auch in deinem Wohnkanton über den Kirchenaustritt informieren. Daneben ist es entscheidend, ob du römisch-katholisch oder evangelisch-reformiert bist, da die beiden Kirchen sich in einigen Punkten zum Austrittsprozess unterscheiden. Zudem kann die Kirche deines Wohnorts ebenfalls einige Entscheidungen treffen. Der Austritt ist in allen Fällen relativ unkompliziert und mit weniger persönlichen Konsequenzen verbunden als allgemein angenommen wird. Natürlich ist der Kirchenaustritt eine sehr persönliche Entscheidung, die du für dich selbst treffen musst.