Du willst neben ETFs auch in Einzelaktien investieren? Diese Investmentstrategien solltest du kennen

Du wirst in Zeitungen oder auf YouTube immer wieder über Investmentstrategien stolpern - über einige hören wir mehr, als andere. Am Ende sind dies aber immer nur Schnappschüsse und Versprechen vom “grossen Geld”, weswegen ich dir in diesem Blogartikel die bekanntesten (und in meinen Augen sinnvollsten) Investmentstrategien vorstelle und was dahintersteckt. Sag’ “Ciao!” zu gefährlichem Halbwissen und ebne deinen Weg zur Investment-Expertin!

Recap: Aktives vs. passives Investieren

Bevor wir in die unterschiedlichen Investmentstrategien einsteigen, klären wir nochmal den Unterschied zwischen aktivem und passivem Investieren. 

Aktives und passives Investieren unterscheidet sich vor allem in der Strategie und dem Aufwand, den du betreibst:

Aktives Investieren bedeutet, dass du versuchst, die besten Aktien oder den perfekten Kaufzeitpunkt zu finden, um den Markt zu schlagen. Du oder ein Fondsmanager*in analysiert Märkte, Trends und Unternehmen. Das kann teuer und risikoreich sein, da niemand den Markt verlässlich vorhersagen kann.

Passives Investieren setzt auf eine langfristige Strategie, z.B. mit ETFs, die den Markt einfach nachbilden. Das bedeutet weniger Stress und Zeitaufwand, sowie geringere Gebühren.

Hier siehst du kurz und knapp die Vor- und Nachteile beider Ansätze:

Art Vorteile Nachteile
Aktives Investieren Potenzial für höhere Renditen als bei ETFs (sogenanntes “Alpha”) Viele Käufe und Verkäufe führen zu hohen Transaktionsgebühren, die deine Rendite schmälern können
Flexibilität - du kannst auf Marktschwankungen oder Branchentrends schneller reagieren Höheres Risiko kann zu höheren Verlusten führen
Du kannst dein Portfolio individueller zusammenstellen
Passives Investieren Geringere Gebühren, da nicht so viele Transaktionsgebühren und auch generell günstigere Produkte, z.B. ETFs Nicht darauf ausgelegt, den Markt zu schlagen, sondern zu spiegeln - daher keine Überrenditen zu erwarten
Zeitsparend Wenig flexibel
Du musst dich nicht in Unternehmensberichte und KPI’s einlesen
Dank ETFs schon “von Haus aus” diversifiziert

Aktiv Investieren: Die zwei Analyse-Möglichkeiten

Wenn du dich für aktives Investieren interessierst oder zum Beispiel dein bestehendes, passives Portfolio aus ETFs um Einzelaktien erweitern möchtest, kannst du folgende Analysetechniken nutzen, um diese im Detail anzuschauen und dann für dein Portfolio auswählen:

1. Technische Analyse

Die technische Analyse ist eine Methode der Aktienanalyse, die sich vor allem kurzfristige Schwankungen anschaut. Dies ist eine Methode, die häufig Day Trader anwenden. Mithilfe von sogenannten “Chartanalysen” versuchen sie, den richtigen Zeitpunkt für einen Kauf und Verkauf zu treffen.

Day Trader fokussieren sich auf eine gewisse Aktienart wie z.B. kleinere Firmen (Small Caps) und versuchen herauszufinden, ob gerade am Markt kurzfristige Schwankungen passieren werden und setzen entsprechend auf diese Schwankungen. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass dies recht aufwändig ist - d.h. Day Trader beobachten den Markt den ganzen Tag und kaufen und verkaufen ihre Aktien (oder auch andere Anlagen) zum richtigen Moment. Langfristige Entwicklungen spielen hier kaum eine Rolle.

Day Trader versuchen also, das richtige Markt Timing abzupassen, anstatt auf “Zeit im Markt” zu setzen. Die Unterschiede dieser beiden Vorgehensweisen sowie deren Vor- und Nachteile habe ich in diesem Artikel beleuchtet.

2. Fundamentalanalyse

Die Fundamentalanalyse dagegen schaut sich primär Kennzahlen von Unternehmen an, sowohl jetzige als auch erwartete. Diese Form der Analyse hat das Ziel, langfristige Investments zu identifizieren und einen guten Preis für eine Aktie zu finden bzw. eine gute Aktie zu finden.

Sie basiert auf der Annahme, dass jedes Unternehmen einen inneren Wert hat und dass seine Aktie sich diesem inneren Wert irgendwann anpassen wird. Es gilt also herauszufinden, ob der aktuelle Aktienkurs eines Unternehmens bereits ihrem inneren Wert entspricht - oder eben nicht. So kannst du feststellen, ob eine Aktie unter- oder überbewertet ist und ableiten, ob du diese kaufen, verkaufen oder halten möchtest.

Wichtige Kennzahlen bei der Fundamentalanalyse sind:

  • Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) = Aktienkurs / Unternehmensgewinn je Aktie

  • Eigenkapitalquote (EKQ) = (Eigenkapital / Gesamtkapital) * 100

  • Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) = Aktienkurs / Buchwert der Aktie

  • Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) = Kurs je Aktie / Umsatz je Aktie

  • Dividendenrendite = (Dividende / Aktienkurs) * 100

Aktives Investieren mit diesen Investmentstrategien

Wenn du bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du a) aktiver investieren möchtest und b) kein Day Trader*in werden willst, der / die den ganzen Tag vor dem PC Aktienkurse verfolgt. 

Dir bleibt also die Fundamentalanalyse, um Einzelaktien für dein Portfolio zu analysieren und zu bewerten. Anstatt wild irgendwelche Einzelaktien deinem bestehenden Portfolio hinzuzufügen, solltest du dich im Vorhinein für eine Investmentstrategie entscheiden. Im folgenden erkläre ich dir die bekanntesten und bewährtesten.

Growth Investing - Wachstumsinvestitionen

Growth Investing fokussiert sich darauf, Unternehmen zu identifizieren - basierend auf gewissen Kennzahlen - die darauf hinweisen, dass  ein Unternehmen vor allem in den nächsten Jahren wachsen wird. Hauptziel der Investor*innen ist es, vom Wertwachstum der Aktie zu profitieren. Dafür wählen sie einzelne Unternehmen aus - Stockpicking - die überdurchschnittliches Wachstum haben werden.

Um diese Unternehmen auszuwählen, arbeiten sich Investor*innen in gewisse Branchen und Kennzahlen ein und stecken einiges an Zeit in die Recherche. Die Kennzahlen, die meist für diese Strategie verwendet werden, sind Kennzahlen aus dem Jahresabschluss, die mit ähnlichen Unternehmen in derselben Branche verglichen werden.

Investor*innen wählen häufig “Small Caps” als Anlagen, d.h. kleinere Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von bis zu 2 Mrd. USD. Beliebte Industrien sind Tech oder Gesundheit. 

Value Investing

Das Value Investing beruht auf US-Ökonom und Investor Benjamin Graham, der es sich zum Ziel machte, Unternehmen zu finden, die unterbewertet sind. Das bedeutet, dass der derzeitige Preis der Aktie unter dem eigentlichen Wert liegt. Value Investor*innen glauben, dass dies der Markt irgendwann merkt und der Preis der Aktie sich entsprechend anpasst. Wie beim Growth Investing geht es darum, aktiv spezifische Aktien zu finden. 

Um eine unterbewertete Aktie zu finden, wenden Value Investor*innen bestimmte Kennzahlen an, um den eigentlichen “inneren” Wert zu bestimmen und diesem dem Aktienpreis gegenüberzustellen.

Dividendenstrategie / Yield

Bei der Dividendenstrategie geht es primär darum, Aktien zu finden, die hohe Dividenden zahlen. Die Idee dahinter ist zwar auch vom Kapitalgewinn bzw. Preisanstieg der Aktie zu profitieren, aber noch viel mehr regelmässige Dividendenzahlungen zu erhalten. Dadurch generieren Investor*innen einen Cash Flow aus der Investition.

Neben der Growth-, Value- und Dividendenstrategie gibt es noch weitere Faktoren, die genutzt werden, um Aktien aufzuteilen. MSCI (einer der grössten ETF-Herausgeber), nutzt die folgenden:

  • Size: Hier wird auf die Marktkapitalisierung geschaut. In den meisten Fällen werden Small Cap Firmen mit einer Marktkapitalisierung bis zu 2 Mrd. USD gekauft. Es hat sich herausgestellt, dass Small Cap Unternehmen überdurchschnittlich wachsen und Rendite generieren wie Large Caps mit einer Marktkapitalisierung von 10 Mrd. USD  - da die Firmen noch nicht so gross und somit mehr Potential zum Wachstum haben. Allerdings geht man auch davon aus, dass hier die höhere Rendite mit höherem Risiko einhergehen und diese stärker schwanken. Wie bei Value-Aktien, sind Small Caps vor allem am Ende einer Rezession erfolgreich - in der Erholungsphase.

  • Momentum: Die Momentum-Strategie zielt darauf ab, Aktien zu finden, die gerade besonders stark gestiegen sind und gleichzeitig nicht stark geschwankt sind. Hier geht es darum, immer auf die besten Aktien zu setzen. Allerdings funktioniert diese Strategie vor allem in guten Börsenjahren, nicht so gut in schwachen Jahren wie Rezessionen. Um Momentum-Aktien zu finden, kann sich die detaillierte technische Analyse lohnen.

  • Volatility: Bei dieser Strategie geht es vor allem darum, in Low-Volatility-Aktien zu investieren - Aktien mit geringen Schwankungen. Die Idee hier ist, sich weniger Risiko auszuliefern. Diese Strategie funktioniert in Rezessionen und in schlechten Börsen-Jahren gut, da diese Aktien weniger stark fallen. In guten Börsen-Jahren wachsen sie leider auch weniger stark und holen eine kleinere Rendite raus. 

  • Liquidity: Das sind vor allem Firmen, die besonders oft im Markt gehandelt werden (also oft gekauft und verkauft werden) und ein höheres Handelsvolumen als andere Aktien haben.

 
 

Was ist nun die beste Strategie?

Ich weiss, du hättest gerne eine aussagekräftige und klare Antwort. Aber es gibt nicht die EINE Strategie.

Welche Investmentstrategie du wählst, liegt a) an deinen persönlichen Situation, Präferenzen und Zielen und b) hängt sie von der derzeitigen Börsensituation ab.

Ein Beispiel für den Einfluss deiner persönlichen Situation: In der Schweiz zahlst du keine Kapitalgewinnsteuern, weswegen sich eine Growth-Strategie lohnen kann - gerade wenn du dich im Aufbau deines Portfolios befindest.

Beim Thema Börsensituation hast du sicherlich schon mal von einem Bären- oder einem Bullenmarkt gehört. Bullenmärkte sind Zeiten, in denen die Aktien-Märkte steigen und Wachstum herrscht. Dagegen sind Bärenmärkte absteigende Märkte.

 
börsenphasen bullenmarkt bärenmarkt
 

Typischerweise lässt sich der Markt in vier Zyklen einteilen: Erholung, Expansion, Abschwung und Rezession.

investmentstrategien aktien

1. Erholung (meist 1 Jahr):

Nachdem der Markt seinen Tiefpunkt erreicht hat, ist das Schlimmste vorbei. Die Wirtschaft erholt sich rasch von der Rezession. Die Kreditmärkte wachsen, da sich die Geldpolitik weiter entspannt (die Zinssätze fallen), was einer durch die vorherige Rezessionsphase geschwächten Wirtschaft Geld und Liquidität hinzufügt. Infolgedessen steigen die Unternehmensgewinne und die Verbraucher*innen geben aus.

Was heisst das für das Investieren?

  • Zu den besten Sektoren bei den Aktien zählen zyklische Konsumgüter, Industrie, Technologie, Immobilien und Finanzdienstleister. 

  • Obligationen können auch gut sein, vor allem “high yield bonds”. Aber Achtung: "high yield bonds” sind risikoreich und können Aktien gleichgestellt werden. 

  • Von einer Strategieperspektive laufen Value, Small Cap und Growth besonders in steigenden Börsen-Jahren gut, während Low Volatility und Momentum schlechter performen

2. Expansion (meist 3 Jahre):

Dies tritt auf, wenn der Markt eine Weile stabil ist und sich die Preise erhöhen. Dies ist normalerweise die längste Phase des Geschäftszyklus. Die Wirtschaft ist stärker, aber das Wachstum lässt nach. Die Zinssätze sind am niedrigsten und die Unternehmensgewinne am stärksten im Zyklus.


Was heisst das für das Investieren?

  • Zu den besten Sektoren zählen Informationstechnologie und Kommunikation. 

  • Obligationen können untergewichtet werden, da sich die Zinssätze abschwächen und möglicherweise steigen werden, wenn die Zentralbanken versuchen, die Inflation abzuwehren.

  • Hier laufen besonders Momentum-, Value- und Growth-Investmentstrategien gut, die Low-Volatility und Dividendenstrategie eher weniger

3. Abschwung (meist 1.5 Jahre):  

Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich und scheint überhitzt zu sein, da die Inflation steigt und die Aktienkurse im Vergleich zum Gewinn teuer erscheinen.


Was heisst das für das Investieren?

  • Zu den besten Sektoren in dieser Phase zählen Energieunternehmen, Versorger, Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter. 

  • Hier kannst du dich auf Quality- und Low Volatility-Strategien stützen, die im Abschwung besser performen, da diese Firmen von Natur aus resilienter sind. Ebenso können Momentum-Aktien in fallenden Börsenphasen lukrativ sein.

4. Rezession (max. 1 Jahr):

Wirtschaftstätigkeit und Unternehmensgewinne gehen zurück, der Aktienmarkt hat möglicherweise bereits eine grössere Korrektur vorgenommen, und die Zinssätze befinden sich auf Höchstständen. In dieser Zeit fallen Aktien und führen zu Verlusten.


Was heisst das für das Investieren?

  • Gewisse Sektoren sind in dieser Zeit besonders stark, nämlich Firmen in der Gesundheit, Grundnahrungsmittel oder auch Versorger. 

  • Diese Phase ist jedoch in der Regel die kürzeste, und der Übergang in Sektoren der frühen Zyklusphase kann in Betracht gezogen werden. 

  • Auch Gold funktioniert in dieser Phase relativ gut.

  • In einer Rezession laufen Quality-, Dividenden- und Low Volatility- Strategien besser - von Momentum- und Growth-Aktien lieber Abstand nehmen.


Um eine umfassende Anlageentscheidung auf Basis der aktuellen Börsensituation zu treffen, macht es in meinen Augen Sinn, beide Formen der Aktienanalyse (technische und fundamental) zu kombinieren:

  1. Mithilfe der Fundamentalanalyse schaust du dir alle Daten des Unternehmens an und bewertest sie.

  2. Wenn sie prinzipiell interessant ist, gehst du mit der technischen Analyse tiefer rein und entscheidest auch, ob JETZT der richtige Moment für einen Kauf ist. Ist die Aktie unterbewertet? Wie verhält sich gerade der Markt?


Wie findest du passende Einzelaktien für dein Portfolio?

So, die Theorie kennst du jetzt. Du kennst die Analysentechniken und hast dich in die Investmentstrategien eingelesen.

Doch wie findest du jetzt die Aktien, die du möglicherweise in dein Portfolio aufnehmen könntest?

Im Prinzip kannst du das gesamte Internet nutzen, um geeignete Einzelaktien für dich zu finden. Vielleicht fragst du auch im Freundeskreis oder der Familie nach oder - was oft passiert - investierst in deinen Arbeitgeber, wenn dieser an der Börse gehandelt wird.

Das Problem dabei ist allerdings, dass du dich in Sicherheit wiegst, weil du glaubst, diese Firmen “besser” zu kennen als andere. Doch eigentlich verlässt du dich nur auf ein Bauchgefühl oder eine Empfehlung und nicht auf die Datenlage. Über das Thema “Psychologische Fehler beim Investieren” habe ich hier geschrieben.

Ich empfehle dir daher, nüchterner und faktenbasierter an die Analyse von Einzelaktien heranzugehen. Tools wie finviz.com oder auch finance.yahoo.com können hilfreich sein, um Aktien zu finden, da du praktisch nach Kennzahlen filtern kannst. 

Hier eine kurze Übersicht von Kennzahlen, die pro Investmentstrategie mehr im Fokus stehen als andere:

  • Growth: Return on Equity (Eigenkapitalrendite) und Earning per Share (Gewinn pro Aktie)

  • Value: Price to Earning (Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV))

  • Dividenden: Dividende pro Aktie

  • Momentum: Beschleunigungsrate des Aktienkurses (technische Analyse notwendig)

  • Size: Marktkapitalisierung

  • Volatility: Standardabweichung des Aktienkurses (technische Analyse notwendig)

  • Quality: Price-to-Book-Ratio (Kurs-Buchwert-Verhältnis)

Und was mache ich, wenn ich doch passiver investieren will? Exkurs: Factor Investing

Die gerade vorgestellten Strategien beziehen sich auf die gezielte Auswahl von Einzelaktien, also eine aktive Form der Investmentstrategie. Darüber hinaus gibt es aber noch das Factor Investing, eine eher passive Form des Investierens.

Wenn du bereits in ETFs investierst, nutzt du bereits eine passive Investmentstrategie. 

Allerdings gibt es seit einiger Zeit das sogenannte Factor Investing bzw. Smart Beta. Das ist eine Kombination aus beidem: Dem passivem Produkt (z.B. ETF) wird eine aktive Komponente eingebaut. Ein Smart Beta ETF nutzt also einen Algorithmus und wählt aus gewissen Faktoren - deswegen Factor Investing - die Aktien im ETF aus.

Das Ziel ist es, mit weniger Risiko die marktübliche Rendite zu erzielen. Im Investment Jargon nennt man dies: “Beta”. Deswegen heissen die ETFs auch “Smart Beta”. “Smart” weil eine Logik dahintersteckt, nämlich ein Algorithmus. Und "Beta", weil das Ziel ist, weniger Risiko einzugehen bzw. gleich viel Risiko und mehr Rendite zu erzielen.

Welche Strategien können mit Smart Beta ETFs umgesetzt werden? Alle oben genannten Strategien und Faktoren lassen sich gezielt mit Smart-Beta- und Strategie-ETFs abbilden. Diese ETFs ermöglichen es dir, wissenschaftlich fundierte Ansätze umzusetzen und flexibel darauf zu reagieren, welche Faktoren sich in bestimmten Marktphasen besonders lohnen.

Und das ist aber auch die Kritik an Smart Beta ETFs: Du musst entsprechend der Börsensituation entscheiden, in welchen Smart Beta ETF du investierst und musst so mehr in deinem Portfolio umschichten. Die Schwierigkeit, gerade für Privatinvestor*innen, liegt darin, zu erkennen, in welchem Börsenzyklus wir uns gerade befinden. Ausserdem verursacht das Umschichten Transaktionskosten, die deine Rendite schmälern. Um dir verfügbare Smart Beta ETFs anzuschauen, folge diesem Link.

Allerdings: Mittlerweile gibt es sogar sogenannte Multifactor ETFs, die sich automatisch an die Marktsituation anpassen und in verschiedene Faktoren (z.B. Value, Low Volatility) investieren, damit du als Investor*in nicht selbst aktiv werden musst. Die grössten Multifactor ETFs findest du hier. Auch interessant: Der bekannte Investor und Autor Gerd Kommer hat seinen eigenen Multifactor ETF, den L&G Gerd Kommer Multifactor Equity UCITS ETF.



Lohnen sich (Multi)faktor ETFs?

Die Meinungen der Wissenschaft über Multifaktor-ETFs gehen auseinander. Einige Experten wie der Finanzprofessor Olaf Stotz und der Vermögensberater Gerd Kommer sprechen sich für Multifaktor-Investing aus, da sie hier Renditechancen sehen. Stotz empfiehlt für engagierte Anleger*innen einzelne Faktor-ETFs, während Kommer einen Multifaktor-ETF für sinnvoller hält, um ungewollte negative Renditen zu vermeiden.

Andere Experten wie Hartmut Walz, Martin Weber und Javier Estrada sind kritischer. Sie argumentieren, dass ein reines, marktbreites Portfolio mit ETFs wie dem MSCI World langfristig bessere Ergebnisse liefern könnte. Estrada verweist auf seine Studie zur Performance von Multifaktor-ETFs, in der sie durchschnittlich schlechter als marktbreite Indizes abschnitten und stärker schwankten. Er sieht die hohen Kosten und der fehlende Fokus auf einen Faktor als Hauptgründe für die enttäuschenden Renditen und empfiehlt kostengünstige, breit diversifizierte ETFs.

Insgesamt bleibt die Frage offen, ob sich Multifaktor-ETFs lohnen. Während einige Renditechancen sehen, zeigen Studien Schwächen und eine Underperformance gegenüber marktbreiten ETFs, bei höheren Kosten (meist 0.5% anstatt 0.2%).

Wie setzt du deine Investmentstrategie jetzt konkret um?

Zuallererst musst du entscheiden, ob du aktiv oder passiv investieren möchtest (im Idealfall hast du bereits ein Portfolio aus passiven ETFs, das du jetzt mit Einzelaktien erweitern möchtest).

Wenn aktiv:

  1. Entscheide dich für die technische oder Fundamentalanalyse

  2. Wenn du die Fundamentalanalyse nimmst: Strategie auswählen (z.B. Growth oder Value), die definiert auch, welche KPI’s du für die Bewertung von Einzelaktien nutzen solltest.

  3. Mithilfe von Tools oder über deinen Online Broker recherchieren und informieren.

  4. Auswahl festlegen und über deinen Online Broker

  5. Alternative: Häufig kannst du bei Banken und Vermögensverwaltern solche Strategien umsetzen. Dies bringt entsprechende Kosten für ein Vermögensverwaltungsmandat mit sich. 


Wenn du mit Smart Beta ETFs investieren willst:

  1. Smart Beta oder Multifactor ETFs auswählen: Mithilfe von Anbietern wie justetf.com kannst du in der Suche nach Anlagestrategien wie Value oder Growth filtern.

  2. Auswahl festlegen und über deinen Online Broker oder Robo Advisor kaufen.


Wenn ganz passiv mit ETFs:

  1. ETFs auswählen: Mithilfe von Anbietern wie justetf.com kannst du in der Suche nach gewissen Themen, Anlageklassen oder anderen Kriterien filtern.

  2. Auswahl festlegen und über deinen Online Broker kaufen.

  3. Alternativ kannst du die Produktauswahl einem Robo Advisor überlassen und dort in ETFs investieren.

Aktives Investieren: Der Privatinvestor*in vs. die Profis

90% der Professionelle Fondsmanager schaffen es langfristig nicht, den Markt zu schlagen. Macht es also für Laien Sinn es zu versuchen?

In der folgenden Grafik von J.P. Morgan siehst du, wie der durchschnittliche Investor*in im Vergleich zu anderen Anlageklassen abschneidet:

1.9% Rendite vs. 5.6% beim S&P500. Anstatt also den Markt schlagen zu wollen und knapp 2% Rendite zu erhalten, könntest du auch in einen S&P500 ETF investieren und 5.6% Rendite einfahren. Was klingt besser? :-)


Gründe, warum der einzelne Investor*in den Markt nicht konsequent schlägt, gibt es viele. Einer davon ist, dass wir Menschen uns sehr von Emotionen leiten lassen, die am Aktienmarkt nichts zu suchen haben. Mehr zu dem Thema findest du in diesem Artikel.

Fazit zum Thema Investment-Strategien und Aktienanalyse

Es gibt zahlreiche Investmentstrategien, und du könntest hunderte Stunden in die Recherche und Analyse der idealen Einzelaktien investieren. Wenn dir das Spass macht, dann nur zu! Doch sei dir bewusst, dass selbst erfahrene Fondsmanager oft Schwierigkeiten haben, den Markt zu schlagen – rund 90% der aktiven Fondsmanager schaffen es langfristig nicht, ihre Benchmarks zu übertreffen. Viele Studien zeigen zudem, dass selbst komplexe Multifaktor-Strategien häufig hinter einfachen, breit diversifizierten Indexstrategien zurückbleiben.

Passives Investieren über kostengünstige ETFs hat sich daher in mehrfacher Hinsicht bewährt: Aus Renditeperspektive, aufgrund der geringeren Kosten und durch den minimalen Zeitaufwand ergibt es für die meisten Anleger langfristig mehr Sinn, eine passive Strategie zu verfolgen. So kannst du dein Geld arbeiten lassen, während du deine Zeit für andere Dinge nutzen kannst.

 
Clara Creitz

Hi, ich bin Clara - deine Expertin für Vorsorge und Investitionen. Als zertifizierte Finanzplanerin (CFP®) und Finanzcoach helfe ich dir, deine Finanzen in richtige Bahnen zu lenken – und damit mehr Gelassenheit in dein Leben zu bringen.

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